Was sich diese Woche im Deutschen Bundestag ereignet hat, ist ein politischer Dammbruch von historischem Ausmaß. Die CDU/CSU-Fraktion hat einen Antrag eingebracht, für den sie wissentlich auf die Stimmen der AfD angewiesen war – und diese auch erhalten hat. Das Ergebnis: Eine in weiten Teilen rechtsextreme Partei feiert eine Mehrheit für einen Unionsantrag. Und das ausgerechnet an einem Tag, der mit dem Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus begonnen hat. Dieser Moment markiert eine Zäsur für unsere Demokratie. Die Union hat eine Brandmauer versprochen, doch in Wahrheit hat Friedrich Merz die Tür für eine Zusammenarbeit mit der AfD weiter geöffnet. Sein Antrag war ein bloßes Schaufenstermanöver, das keine der schrecklichen Taten, die als Begründung herangezogen wurden, hätte verhindern können. Zudem ist er nicht bindend für die Bundesregierung und vermutlich nicht einmal mit dem Grundgesetz und EU-Recht vereinbar. Besonders schockierend ist, dass Merz noch im November an gleicher Stelle im Bundestag betont hatte, keine Anträge einbringen zu wollen, die auf Mehrheiten mit der AfD angewiesen sind. Nun hat er genau das Gegenteil getan. Die CDU/CSU-Fraktion hat billigend in Kauf genommen, mit der AfD gemeinsame Sache zu machen – ein Tabubruch, der bleiben wird. Friedrich Merz mag nun behaupten, er suche „keine anderen Mehrheiten als die in der demokratischen Mitte unseres Parlaments“. Doch diese Aussage ist paradox: Wer ein solches Bündnis ermöglicht, kann sich nicht gleichzeitig davon distanzieren. Eines ist klar: Wer immer weiter nach rechts rückt, wird keine Mehrheiten in der demokratischen Mitte finden. |
Zur Abstimmung zum Zustrombegrenzungsgesetz Nach dem heutigen Tag fällt meine Erleichterung, dass kein zweites Mal eine Mehrheit mit der AfD gefunden wurde, nur sehr gering aus. Einige wenige Abgeordnete der Union und der FDP haben dazu beigetragen, dass kurz vor dem Aufprall am rechten Rand die Notbremse gezogen wurde und sind anstatt des Merz´schen Wahlkampfkalküls, ihrem Gewissen gefolgt. Auch diesmal war Friedrich Merz mit seiner kompromisslosen und kurzsichtigen Strategie knapp davor der parlamentarischen Demokratie schwersten Schaden zuzufügen. Wer es ernst mit Kompromissen und einer Lösung aus der demokratischen Mitte meint, der sucht das Gespräch und ringt um tragfähige Mehrheiten. Doch Merz hat genau das Gegenteil getan: Er hat keine inhaltlichen Verhandlungen geführt, sondern stattdessen verzweifelt nach Steigbügelhaltern gesucht, um sich aus der AfD-Falle zu befreien, in die er bereits am Mittwoch sehenden Auges getappt ist. Dabei lag eine vernünftige Lösung auf dem Tisch. Meine SPD-Fraktion war – wie zunächst von der FDP vorgeschlagen – bereit, den Gesetzentwurf in den Innenausschuss zu überweisen, um gemeinsam mit allen demokratischen Kräften zu einem tragfähigen Kompromiss zu kommen. Dies auch nochmals am Ende der Debatte, als wir dieses Angebot gemeinsam mit Bündnis90/Die Grünen erneut gemacht haben. Eine sachliche Debatte und einen geeinten Gesetzentwurf hätten wir am 11. Februar zur Abstimmung bringen können. Das ist mein Verständnis von verantwortungsvoller parlamentarischer Demokratie. Friedrich Merz hingegen bleibt seinem Stil treu: Statt Gespräche zu führen, diktiert er Bedingungen nach dem Prinzip „Friss und stirb“. Diese Art der Politik ist nicht nur verantwortungslos, sondern gefährlich. Wer so handelt, spaltet das Land, schwächt die Demokratie und spielt letztlich denen in die Hände, die unsere demokratische Grundordnung ablehnen. |