Du betrachtest gerade Humanitäre Katastrophe auf Lesbos

Humanitäre Katastrophe auf Lesbos

  • Lesedauer:4 min Lesezeit

Seit Monaten sind die Zustände für die in Griechenland festsitzenden geflohenen Menschen schon unzumutbar. Die verheerenden Brände im Lager Moria haben die Situation nun endgültig zur Eskalation gebracht. In dieser unmittelbaren Notlage ist schnelles Handeln gefordert! Es ist gut, dass sich die Union auf unseren Druck hin endlich bewegt hat. Um dies zu erreichen haben wir, knapp 100 Abgeordnete meiner Fraktion, am 11. September 2020 ein gemeinsames Schreiben an Bundeskanzlerin Angela Merkel übersandt, in dem wir sie zu einer Beendigung der Blockade aufgefordert haben.

Deutschland nimmt nun insgesamt ca. 2750 Personen aus Griechenland auf – 981 mit den Zusagen seit März, 150 unbegleitete Minderjährige mit der Entscheidung vom vergangenen Freitag plus nun 1553, hauptsächlich Kinder und ihre Familien. In der europäischen Koalition der Menschlichkeit beteiligen sich elf EU-Länder plus Norwegen und Serbien an der Aufnahme von Geflüchteten. In diesem Rahmen sind bislang 758 Geflüchtete aus Griechenland überstellt worden, 574 nach Deutschland, 184 in sechs weitere Länder. Weitere EU-Mitgliedsländer leisten über das EU-Katastrophenschutzverfahren Sachleistungen vor Ort. Leider läuft dieser Prozess nach wie vor elend schleppend. Wir sehen unsere europäischen Partner aber weiterhin mit uns in der Verantwortung. Zu der umfangreichen humanitären Hilfe vor Ort aus Deutschland zählen etwa 1028 Zelte, 7000 Schlafsäcke, 1400 Feldbetten, 22 Sanitärcontainer, Decken und Schlafunterlagen. Es darf aber nicht vergessen werden, dass es nicht um Zahlen geht, sondern um Menschenleben. Wir lassen nicht nach, bis wir menschenwürdige Bedingungen erreicht haben, die mit europäischem Recht und unseren Werten vereinbar sind. Dazu braucht es dringend eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, wie wir sie in unserem Fraktionsbeschluss entwickelt haben. Deutschland leistet einen wichtigen Beitrag zur Entlastung der griechischen Inseln. Das ist aber nur eine Momentaufnahme. Vergangene Woche haben wir in der AG Migration und Integration ein Positionspapier beschlossen, welche konkreten Lösungen es jetzt in Griechenland insgesamt braucht. Unsere Position bleibt, dass wir soweit helfen sollten, wie Länder und Kommunen Bereitschaft signalisieren. Dafür brauchen wir umgehend eine ständig zu aktualisierende Aufstellung, in welcher Größenordnung dies geschieht. Freiwillige kommunale Aufnahme sollte durch den Bund ermöglicht und aus europäischen Mitteln gefördert werden.

Außerdem arbeiten wir kontinuierlich weiter, das europäische Kontingent gemeinsam mit anderen Ländern aufzustocken und dann auch den deutschen Anteil weiter zu erhöhen. Aber auf diese europäische Lösung darf man nicht warten, man muss für sie arbeiten. Dazu braucht es aus unserer Sicht einen Sonderbeauftragten mit Verhandlungsvollmachten, um sich ausschließlich und mit der nötigen Autorität für gemeinsame Lösungen einzusetzen.

Die EU und ihre Mitgliedstaaten sind in Fragen der Asyl- und Flüchtlingspolitik weiterhin nicht handlungsfähig. Umso wichtiger ist es, dass wir weiterhin darauf hinarbeiten, endlich eine umfassende Reform des gemeinsamen Europäischen Asylsystems zu erreichen. Als SPD-Bundestagsfraktion haben wir dazu vor der Sommerpause einen klaren Beschluss mit konkreten Umsetzungsvorschlägen verabschiedet: https://www.spdfraktion.de/system/files/documents/positionspapier-menschlich-solidarisch-20200616neu.pdf

Wir lassen nicht nach, bis in Europa europäisches Recht und europäische Werte auch überall umgesetzt werden. Jetzt haben wir die Chance, unseren Vorschlag durchzusetzen und auf Lesbos ein erstes Modell-Asylzentrum zu errichten, das geflüchteten Menschen Sicherheit, Versorgung und rechtsstaatliche Verfahren bietet.